Heimatsehnen

Eine Recherche zur Zwangsaussiedlung in der DDR

Julia Raab

Inspiriert durch eine private Begegnung mit Nachkommen Zwangsausgesiedelter im Sommer 2020 an der Elbe, ließ sie die Frage nach dem WARUM nicht los:
1952 wurden u.a. unter dem Decknamen „Aktion Ungeziefer“ mehrere Familien im Sperrgebiet, entlang der innerdeutschen Grenze zwangsausgesiedelt. Unangekündigt kamen Grenzsoldaten mit der Anweisung innerhalb 24 Stunden persönliche Sachen für den Umzug zu packen. Wo es hingehen sollte, wurde niemandem verraten.

Wie kann es sein, dass 1952, wenige Jahre nach Kriegsende, wieder Menschen ihre Heimat verlieren? Dass sie gezwungen werden diese zu verlassen? Wie kann es sein, dass wieder Menschen über andere bestimmen und sie ihrer Heimat verweisen? Wie kann es sein, dass wieder Menschen entmenschlicht und als Ungeziefer betitelt werden?
Wie war das für die Menschen, die plötzlich von einem Tag auf den anderen ihre Heimat verlassen mussten? Was nimmt man mit, wenn nur 24 Stunden bleiben um sein Leben umzusiedeln? Was geht in einem Menschen vor, der so eine Nachricht erhält? Wie schwer muss diese Sehnsucht nach dem zwanghaft verlassenen Ort sein?
Was bleibt von der Heimat? Was bleibt von den Menschen? Was bleibt?
Im Rahmen der Residenz wird Figurenspielerin Julia Raab Geschichten ehemaliger Zwangsausgesiedelter recherchieren. Der Fokus liegt auf Gesprächen mit Expert*innen, Archivrecherche und Interviews mit Zeitzeug*innen und Angehörigen. Über die Gedenkstätte Deutsche Teilung werden erste Kontakte entstehen.

Eine #TakeHeart-Residenz von Julia Raab – gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der BKM, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von Neustart Kultur. Realisiert durch das Netzwerk Freier Theater und assoziierte Häuser.

Julia Raab

Die freischaffende Figurenspielerin Julia Raab ist mit ihren Produktionen (inter)national auf Gastspielen und auf Festivals unterwegs. Gastspielreisen führten sie unterstützt durch das Goethe Institut u.a. nach Russland, Albanien, Thailand, Algerien & in den Iran.
In ihren genreübergreifenden Produktionen nimmt sie immer wieder gesellschaftskritische, sowie politische Themen in Augenschein und entwickelt Theaterprojekte mit Mitteln des Figuren- & Objekttheaters und einem hohen Anspruch an kultureller & politischer Bildung. Für „Im Frühling hat man keine Lust zu sterben!“ & „Seid bereit – immer bereit?“ kooperierte sie mit der Gedenkstätte ROTER OCHSE & der HBS LSA. Die LzpB LSA finanzierte mehrere Vorstellungen.
2020 entwickelte sie mit ihrem Team „Der schwarze Hund“. Die figurentheatrale Auseinandersetzung mit der psychischen Erkrankung Depression entstand in Kooperation mit dem regionalen Bündnis gegen Depression. Gefördert durch den Fonds DaKu kann 2022 eine bundesweite Tour finanziert werden. Auch für Kinder macht sie erfolgreiches Figurentheater – z.B. mit „Der Sängerkrieg der Heidehasen“.